Damit die Teilnehmenden trotz der aktuellen Situation in den Genuss von wissenschaftlichen Vorträgen und hochkarätigen Weiterbildungsangeboten kommen, haben die Organisatoren kurzerhand beschlossen, diesen Anlass heuer in digitaler Form abzuhalten. Dafür haben sie sich die folgenden Ziele gesetzt:
- Mindestens die Hälfte der bis anhin rund 5’500 Teilnehmenden für das digitale Format zu begeistern.
- Ein derart attraktives Programm anzubieten, dass dieses für längere Zeit aktiv verfolgt wird.
- Erfahrungen zu sammeln mit alternativen Formen der Kontaktpflege, um diese bei der Entwicklung neuer Produkte mit einfliessen lassen zu können.
Wie dies gelingen soll, haben uns die Organisatorin Iwe Siems und der Kongresspräsident Prof. Dr. med. Markus G. Manz im persönlichen Gespräch verraten.
Wann haben Sie sich dafür entschieden, die diesjährige Tagung virtuell durchzuführen und weshalb?
Prof. Dr. med. Markus G. Manz: Die Entscheidung fiel im Frühsommer. Es wurde klar, dass die reguläre Durchführung eines Kongresses dieser Grösse im Kontext der aktuellen Pandemiesituation aus vielerlei Gründen nicht realistisch ist. Als Ärzte müssen wir zudem auch an die unmittelbaren Konsequenzen einer möglichen Verbreitung von SARS-CoV-2 durch medizinisches Personal denken.
Iwe Siems: Eine Absage war für uns aber ebenfalls keine Option, weil sich die Mitglieder unserer vier Gesellschaften in einem Fachgebiet bewegen, das sehr stark von Innovationen angetrieben wird. Deshalb ist ein reger Austausch untereinander und die stetige Weiterbildung unabdingbar. Ein Kongress wie unserer bietet dafür die besten Voraussetzungen. Und weil unsere Klientel auch im Berufsalltag viel Flexibilität aufbringt, sind wir zuversichtlich, dass sie das neue Format gut annehmen wird.
Wie können wir uns die diesjährige Jahrestagung der DGHO ganz konkret vorstellen?
Iwe Siems: Die Vorsitzenden und ein Teil der Referenten werden in Basel sein und durch alle Sitzungen führen. Um die Interaktivität zu gewährleisten, setzen wir auf eine Chatfunktion, über die man sich zu Hause am Bildschirm einbringen kann. Das Ganze funktioniert nach dem Multi-Streaming-Prinzip: Die Teilnehmenden haben jederzeit die Möglichkeit, eine Sitzung zu verlassen und stattdessen einer anderen beizuwohnen. Über drei Tage laufen sechs bis sieben Live Streams von morgens um 8.00 Uhr bis abends um 19.00 Uhr parallel zueinander. Ausserdem kann man sämtliche Inhalte auch zu einem späteren Zeitpunkt abrufen, diese sind für die Online-Teilnehmer bis am 31. Oktober 2020 verfügbar. Besonders gespannt bin ich aber auf die virtuelle Version unserer Industrieausstellung. Wir hoffen natürlich, dass diese auch dann rege besucht wird, wenn keine gemeinsamen Pausen eingelegt werden.
Das klingt in der Tat spannend. Gehen Sie davon aus, dass Kongresse in Zukunft nur noch im virtuellen Raum stattfinden werden oder sehen Sie weiterhin die analogen Zusammenkünfte im Vorteil?
Prof. Dr. med. Markus G. Manz: Analoge Zusammenkünfte werden immer eine Wertigkeit haben, die keinesfalls durch virtuelle Zusammenkünfte ersetzt werden kann. Wir kommunizieren mit unseren Nächsten und Freunden ja auch nicht nur über elektronische Medien, sondern pflegen am liebsten das persönliche Gespräch. Das gilt genauso für den Austausch mit Arbeitsgemeinschaften. Aber wir lernen jetzt auch, dass Informationen sehr gut digital weitergegeben werden können, nicht zuletzt dank der enormen Fortschritte der Kommunikationsmedien. Selbst lebhafte Debatten können funktionieren. Und wir sehen, dass die Reduktion der Reisezeiten und Hotelaufenthalte ressourcenschonend sein kann.
Der DGHO-Kongress findet regelmässig in Basel statt. Wie erleben Sie die Schweizer Ausgabe im Vergleich zu den Tagungen in Deutschland und Österreich? Wird die Swissness auch virtuell spürbar werden?
Prof. Dr. med. Markus G. Manz: Der gemeinsame Kongress der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Medizinische Onkologie und Hämatologie findet im Rotationsverfahren in den drei Ländern statt. In der Schweiz ist er aufgrund der Grösse des Kongresses traditionell immer in Basel angesiedelt. An jedem Austragungsort kommen die lokalen Gegebenheiten im Wesentlichen in der Zeit ausserhalb des Kongresses zum Tragen, die jeweiligen Räumlichkeiten unterscheiden sich bei grossen Kongresszentren aus meiner Sicht weltweit kaum noch. In puncto Swissness denke ich, dass die üblicherweise perfekte Organisation, die offene Kommunikationskultur und die Weltläufigkeit auch virtuell sehr gut spürbar sein werden.
Was bedeutet das neue Konzept in finanzieller Hinsicht für Sie? Sie haben weniger Teilnehmende, dafür rechnen Sie mit Mehreinnahmen durch die Industrieausstellung. Ist das noch mit den Dimensionen des analogen Kongresses vergleichbar?
Prof. Dr. med. Markus G. Manz: Als Kongresspräsident habe ich die freudige Pflicht, mich um die wissenschaftlichen Inhalte des Kongresses kümmern zu dürfen. Der Veranstalter WBHO e.V., der Verein zur Förderung der Weiterbildung in Hämatologie und Onkologie, zeichnet für die finanziellen Aspekte verantwortlich. Es lässt sich jedoch sagen, dass wir es mit einer komplett neuen Ausgangslage zu tun haben. Auf wie viel Resonanz wir tatsächlich stossen, werden wir erst im Nachhinein beurteilen können. Bei der Einreichung von Beiträgen für den virtuellen Kongress haben wir jedenfalls eine sehr hohe Beteiligung wahrnehmen können, weshalb wir guten Mutes sind.