Vor zwei Jahren konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es so lange gehen wird, bis die Basler Fasnacht wieder stattfinden kann. Heute war es endlich so weit: Um vier Uhr früh erlebte die Stadt jenen Gänsehaut-Moment, den sie so lange Zeit schmerzlich vermisst hat. Regierungspräsident Beat Jans hat uns verraten, wieso diese drei Tage nicht nur gesellschaftlich gesehen von immenser Bedeutung sind, sondern auch in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht.
Beat Jans, wie würden Sie internationalen Gästen, welche die «drei scheenschte Dääg» nicht kennen, die Basler Fasnacht beschreiben?
Jeweils am Montag nach Aschermittwoch gehen um vier Uhr früh die Lichter aus in ganz Basel. Pünktlich mit dem letzten Glockenschlag beginnt eine grosse Anzahl Trommler und Pfeifer dasselbe Lied zu spielen. Damit legt sich ein musikalischer Zauber über die Stadt, der während der darauffolgenden 72 Stunden anhält und viel Tradition, Freude, aber auch Witz und Kreativität mit sich bringt.
Seit dem Jahr 2017 zählt die Basler Fasnacht zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wieso hat sie diese Auszeichnung aus Ihrer Sicht verdient?
Für mich ist es vor allem die kulturelle Vielfalt, welche die Basler Fasnacht auszeichnet. Auf der einen Seite geht es natürlich um die Musik, die dank der Cliquen und Guggenmusiken allgegenwärtig ist. Doch auch das Handwerkliche kommt nicht zu kurz, man denke an die vielen kunstvollen Laternen und die abwechslungsreichen Larven, die es in den Strassen zu bewundern gibt. Nicht vergessen darf man aber auch den Stellenwert, den der Dialekt einnimmt, zum Beispiel bei den Darbietungen der Schnitzelbänggler und auf den Zeedeln, die an das Publikum verteilt werden. All diese Faktoren sind identitätsstiftend und fördern die kulturelle Teilhabe in einem Ausmass, wie das sonst bei kaum einem Anlass in der Schweiz der Fall ist.
Welchen Einfluss hat die Fasnacht auf den hiesigen Tourismus und die Volkswirtschaft im Allgemeinen?
Vor Corona hat die Basler Fasnacht jeweils rund 10’000 Logiernächte generiert in den Hotels und Gasthäusern der Stadt. Dazu kommt, dass diese drei Tage auch in den Restaurants und Bars zu den umsatzstärksten des Jahres gehören. Doch das ist noch nicht alles, die mediale Ausstrahlung ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Mit eindrücklichen Fotos und bewegten Bildern verhilft die Fasnacht der Stadt Basel dazu, ihre Bekanntheit in aller Welt zu erhöhen.
Was meinen Sie, inwiefern unterscheidet sich die 2022-Ausgabe – notabene die erste Fasnacht nach zwei Jahren Zwangspause aufgrund von Corona – von den bisherigen Anlässen?
Die ganze grosse Änderung liegt natürlich darin, dass zu Fasnachtsbeginn in Europa Krieg herrscht. Was sich in der Ukraine abspielt, wird auch nicht spurlos an der Fasnacht vorbei gehen. An der Fasnacht wird ja zum Glück auch immer mit der Politik abgerechnet. Dieses Jahr sicher noch viel stärker als sonst. Es wird ganz bestimmt eine kritische Auseinandersetzung mit der Situation in der Ukraine geben. Und darüber bin ich froh. Anders wird auch sein, dass wir nach zweijähriger Corona-bedingter Pause nun wieder eine Fasnacht haben werden. Zwar ein bisschen abgespeckt, ohne Cortège, aber sie findet statt. Doch in emotionaler Hinsicht ist es eine ganz besondere Fasnacht. Die Vorfreude, die auch in normalen Jahren exzessiv zelebriert wird bei Vorfasnachtsveranstaltungen, Marschübungen und sonstigen Zusammenkünften, hat sich heuer fast ins Unermessliche gesteigert. Das habe ich deutlich gespürt bei meinen vielen Gesprächen mit aktiven Fasnächtlerinnen und Fasnächtlern. Zudem gibt es viel mehr Kinder als sonst, die zum ersten Mal eine Fasnacht erleben. Deshalb denke ich, dass uns diese drei Tage noch lange im Gedächtnis bleiben werden.